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König David | Arthur Honegger | 27.09.1998

Rheinische Post
Dienstag, den 29. September 1998


Arthur Honeggers »König David« mit Fischer-Dieskau als Sprecher

Balance am Rande zum Gesang

Das Ereignis kam von der Kanzel. In der Johanneskirche erklang Arthur Honeggers »König David«, und für die Rolle des Sprechers konnte kein Geringerer als Dietrich Fischer-Dieskau gewonnen werden. Als Sänger hat er sich schon längere Zeit verabschiedet, als Dirigent mach er weiterhin von sich reden.

Freilich ist es keine Nebenrolle, der er sich im »König David« annahm, im Gegenteil ist es weit mehr als eine sachlich zusammenfassende Stimme des Chronisten, die hier gefordert ist. Andererseits kann man diese Rolle sicher sehr viel nüchterner auffassen, als Dieskau dies ist. Er setzte seine auch im Sprechton unverkennbare Stimme mit der ganzen Erfahrung des modulationsreichen Liedsängers ein, sang stellenweise fast, tönte sonor und völlig frisch in der Stimmgebung.

Er setzte auf den hohen Ton, ja auf Pathos und äußerste Zuspitzung der Expression. Damit begab er sich aber keineswegs auf die schiefe Bahn manierierter Überzogenheit, sonder befand sich im Einklang mit Honeggers eigenwilliger Mischung aus Archaischem, Naivem und Mystischem. Überlegen spannte er den großen erzählerischen Bogen und hielt die 25 Einzelszenen dramatisch zusammen.

Vor soviel Charisma und hoher Kunst gingen alle anderen keineswegs in die Knie, im Gegenteil. Unter der umsichtigen Leitung von Gerhard Luchterhandt formierte sich das ausgezeichnet besetzte Orchester zu einem Hochmotivierten Apparat; glänzende Soli ließen immer wieder aufhorchen. Der Chor der Johanneskirche tönte diszipliniert und ausgeglichen besetzt, niemals flach, stets kultiviert.

Bei den Solisten ist auch nur Gutes zu melden. Heidrun Luchterhandts Sopran leuchtete warm in allen Lagen; Elisabeth Graf sang nicht nur ihre Altpartie vorzüglich, sondern gab in der Hexenszene auch eine überzeugende Kostprobe sprecherischer Fähigkeiten zum Besten, über vollem Orchesterklang mühelos tragend. Markus Heinrich, Tenor, rundete mit beweglichem und schön timbriertem Gesang die Sache aufs Beste ab.

Der Bundestagswahl war wohl zu danken, dass die Kirche nicht ganz so voll war, wie sie es angesichts des Ereignisses hätte sein können. Die Anwesenden jedenfalls waren zu Recht begeistert. Dieskau verschwand so geheimnisvoll, wie er gekommen war, und im Foyer warteten schon die ersten Hochrechnungen.

REGINE MÜLLER