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Heilige Zeichen | Petr Eben | 29.06.2003

Rheinische Post
Dienstag, den 1. Juli 2003


Klingender Weihrauch und Besuche bei den 14 Engeln

Nur wenigen stand am Sonntagabend der Sinn nach einem Konzert mit Chormusik des 20. Jahrhunderts. Leider blieben viele Reihen in der Johanneskirche leer, als Wolfgang Abendroth Brittens »Te Deum« und das Oratorium »Heilige Zeichen« von Petr Eben dirigierte.

Das knapp einstündige Oratorium des Tschechen Eben von 1993 stellt fünf Requisiten der Kirche – Pforte, Weihrauch, Altar, Kelch und Glocken – in den Mittelpunkt der fünf Sätze. Schon der Weihrauch verrät, dass es sich um eine in der katholischen Kirche beheimatete Komposition handelt, so auch die Fünfzahl der Sätze, die an das Messordinarium (vom Kyrie bis Agnus Dei) gemahnt, obwohl man hier in der evangelischen Johanneskirche war. Die Ökumene lebt.

Eben vertonte die Bibeltexte und Segenssprüche konkret. Man hörte ein Röhrenglocken-Ostinato im Glocken-Satz, wenn Posaune und Zimbeln angerufen wurden, setzte der Komponist sie ein. Dennoch glitt das Werk weder ins Kitschige noch ins Frömmelnde ab.

Abendroth leitete das Ensemble aus Mitgliedern des Orchesters des Altstadt-Herbstes (11 Bläser und zwei Schlagzeuger), seiner Johanneskantorei, Osnabrücker Jugendchor und Domkantorei (Einstudierung Johannes Rahe) auffordernd und umsichtig. Einzig seine bisweilen hölzernen Bewegungen beim Abschlag waren nicht immer sachdienlich.

Die Chöre sangen das dichte Gewebe aus Quart- und Quint- und noch dissonanteren Harmonik mit großer Souveränität. Kinderchor und Sopransolo (Sabine Schneider) mischten sich in geradezu himmlischer Harmonie. Christoph Erpenbeck las Texte und sang mit Würde und Volumen.

Man hörte es plötzlich klopfen, eine Tür wurde geöffnet und es erklang ein kurzes Stück Musik, bis die Tür wieder geschlossen wurde. Diether de la Motte stattete einen »Besuch bei vierzehn musizierenden Engeln« ab. Ein herrlich skurriles und leichtfüßiges Orgelstück! Sicher kam ihm die Idee dazu im Übetrakt einer Musikhochschule. Almut Rößler, die Vor-Vor-Vorgängerin Abendroths an der Johanneskirche, spielte die kurzen Aphorismen an der ihr so vertrauten Orgel farbig und geistreich.

Außerdem hörte man ein schwergewichtiges, ja schwerfälliges »Monumento« der Tschechin Ivana Loudová. Zu viel des gleichen Klang- und Melodiematerials wurde hier zu lange variiert. Wie sommerhaft klang dagegen Brittens »Te Deum« zu Beginn. Die C-Dur-Flächen, die dieses Gebet umrahmten, strahlten Ruhe und Freude aus. Der Mittelteil drängte vorwärts.

NORBERT LAUFER