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Symphonie Nr. 2 »Lobgesang« | Felix Mendelssohn-Bartholdy | 06.06.2008

Westdeutsche Zeitung
Montag, 9. Juni 2008


Der Dirigent formt ein mitreißendes Ensemble

Helmuth Rilling ist der Star beim Abschlusskonzert des Kirchenmusikfestes. In der Tonhalle hebt er Chor und Musiker auf sein hohes Niveau.

Düsseldorf. »Alles, was Odem hat, lobe den Herrn!« – so setzt der Chor ein in Felix Mendelssohn Bartholdys 2. Symphonie mit dem Titel »Lobgesang«. Und besonderes Lob gebührt ausdrücklich einem Herrn, nämlich Helmuth Rilling, der nach Düsseldorf in die Tonhalle kam, um zum Abschluss des Evangelischen Kirchenmusikfestes acht Kantoreien der Stadt zu leiten und musikalisch merklich zu heben. Als Instrumental-Ensemble spielte das Symphonieorchester Wuppertal.

Helmuth Rilling mit Thomas Laske und Corry Welsh nach dem Konzert
Beflügelte Sänger und Musiker: Dirigent Helmuth Rilling leitete das Konzert in der Tonhalle.
FOTO: BERND SCHALLER

Sänger aus den Kantoreien der Friedens-, Kreuz-, Johannes-, Luther-, Matthäi-, Neander- und Stephanuskirche sowie der Kantorei Gerresheim formierten sich zu einem großen Chor, der (fast) für Gustav Mahlers Symphonie der Tausend ausgereicht hätte.

Die Chor-Bestuhlung reichte nicht aus, sodass die beiden angrenzenden Seitenparketts ebenfalls mit Sängern besetzt waren. Aus Kantoreikreisen wurde bekannt, dass Rilling, der weltbekannte und entsprechend vielbeschäftigte Oratorien-Dirigent, im Vorfeld immerhin drei Proben geleitet hatte.

Einmal mehr stellte Rilling unter Beweis, wie er Chor und Orchester zu einem musikalisch mitreißenden Ensemble formen kann. Der knapp mittelgroße, etwas gebeugt gehende Herr mit Silberhaar und randloser Brille bedarf keines titanenhaften Auftretens.

VITA

Helmuth Rilling, geboren 1933 in Stuttgart, Studium an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart, seit 1963 Kirchenmusikdirektor in Stuttgart, 1970 wurde er Professor für Chorleitung an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main.

Seit den 70er Jahren entwickelte sich Rilling zu dem bedeutendsten Bach-Dirigenten seiner Generation. Rilling ist Leiter der Internationalen Bach-Akademie, ein Amt, das er im Jahr 2010 abgeben will.

Seine dezente, im Bewegungsradius maßvolle, aber sehr klare Zeichengebung sorgte für ein durchweg aufgeräumtes Klangbild mit sicheren Einsätzen und hoher Transparenz.

Und die starke künstlerische Ausstrahlung der Darbietung stellte wieder einmal klar, wie entscheidend Dirigenten Aufführungen prägen können. Rilling gelang es, in der Weltrangliste nicht unbedingt ganz vorne stehende Mitwirkende auf sein hohes Niveau zu heben.

Allerdings hatten die Chöre bis auf ihre Beteiligung an der Aufführung von Mendelssohns Lobgesang-Symphonie nichts zu tun. Vor der Pause erklang Johann Sebastian Bachs weltliche Kantate »Der Streit zwischen Phoebus und Pan« für sechs Gesangssolisten und Orchester.

Die Profi-Sänger, allen voran Sibylla Rubens (Sopran) und in der Phoebus-Partie Thomas Laske (Bariton), stellten das Theatralische dieser Beinah-Oper lebendig heraus. So anregend das auch daherkam, eine geistliche Kantate mit Chor-Beteiligung hätte zum Höhepunkt eines Kirchenmusikfestes besser gepasst.

LARS WALLERANG

Rheinische Post
Montag, 9. Juni 2008


Kurzkritik

Die Lobgesänge des Helmuth Rilling

Es erzeugt schon ein besonderes Gefühl von Erhabenheit, wenn sich mehr als 250 Chorsängerinnen und -sänger in der Tonhalle gleichzeitig erheben, um das Lob Gottes anzustimmen. Beim Höhepunkt des evangelischen Kirchenmusikfestes waren Mitglieder der Kantoreien von Gerresheim bis Bilk, von Derendorf bis Wersten zu einem Ensemble vereinigt, das zwar nicht ganz an die Anzahl der Musiker der Uraufführung von Mendelssohns »Lobgesang«-Symphonie reichte (man spricht von 500), das jedoch bestens vorbereitet zu Proben und Aufführung unter der Leitung von Helmuth Rilling kam. Der evangelische Kantorenkonvent hatte zur Feier des Tages den Altmeister des Chordirigierens eingeladen.

Warum als erstes eine weltliche Kantate (»Geschwinde, ihr wirbelnden Winde«) auf dem Programm stand, bei der nur die sechs Profi-Solisten und das ebenfalls eingeladene Sinfonieorchester Wuppertal beteiligt waren, der große Chor also warten musste, blieb eine offene Frage. Sicher die einstündige Kantate singt das Lob der Musik. Und dies unterstrich Rilling, der große Praktiker und Sachkenner von Bachs Kantatenwerk, vortrefflich. Manche halbszenischen Einlagen wirkten dagegen opernhaft und damit deplatziert.

Agil und präsent spielten die Wuppertaler von Beginn an. Bei Mendelssohn ließen sie dann die Kantilenen blühen, als wollten sie nicht aufhören. Der eingearbeitete Choral »Nun danket alle Gott« kam stets würdig und klangvoll daher. Und der Mega-Chor lieferte Intonationssicherheit, opulente Klangfülle und große rhythmische Präzision, die Rilling allen mit sparsamer Zeichengebung vermittelte.

Ein langes Konzert. Ein würdiger Höhepunkt des Festes

NORBERT LAUFER